Künstler
Arman | Bernard Aubertin | Hermann Bartels | Hans Bischoffshausen | Václav Boštík | Pol Bury | Enrico Castellani | Piero Dorazio |
Dušan Džamonja | Lucio Fontana | Raimund Girke | Hermann Goepfert | Kuno Gonschior | Gerhard von Graevenitz |
Gotthard Graubner | Jochen Hiltmann | Paul van Hoeydonck | Oskar Holweck | Yves Klein | Stanislav Kolibal | Walter Leblanc |
Adolf Luther | Heinz Mack | Piero Manzoni | Almir Mavignier | Christian Megert | François Morellet | Roman Opalka | Otto Piene |
Karl Prantl | Arnulf Rainer | Erich Reusch | Bridget Riley | Jan J. Schoonhoven | Turi Simeti | Eduard Steinberg | Paul Talman |
Antoni Tàpies | Jean Tinguely | Günther Uecker | Victor Vasarely | Jef Verheyen | herman de vries
Arman
(eigentlich Armand Pierre Fernandez)
* 1928, Nizza † 2005 New York
Arman ist seit Ende 1970 in der Sammlung vertreten. Kunsthistorisch betrachtet, ist Arman nur am Rande mit ZERO in Verbindung zu bringen. Er gilt als einer der Begründer und Hauptrepräsentanten des Nouveau Réalisme, einer losen Künstlergruppierung, die sich 1960 in Frankreich bildete.
Seit 1960 schuf Arman „Accumulationen“, also „Anhäufungen“, von Musikinstrumenten, aber auch anderen, zumeist unnütz gewordenen Objekten, und verlieh ihnen einen neuen ästhetischen Wert, indem er sie in Glaskästen sammelte.
Bei dem auf 1961 datierten Objekt „Armandus de Cremone faciebat“, handelt es sich um einen mit Violinen und Bögen angefüllten Glaskubus. Der Künstler warf die Instrumente scheinbar aufeinander, sie liegen kreuz- und quer, sind stark beschädigt und somit vollkommen unbrauchbar geworden.
Armans Objekte stehen in der Tradition der objets trouvés der Dadaisten und Surrealisten und verstehen sich als Zeugen unserer auf Konsum ausgerichteten Zivilisation.
Bernard Aubertin
*1934 in Fontenay-aux-Roses bei Paris † 31. August 2015 in Reutlingen
Bernard Aubertin ist seit 1969 in der Sammlung Lenz Schönberg vertreten, der erste Ankauf erfolgte über die Frankfurter Galerie Lichter anlässlich der dort stattfindenden Ausstellung DYNAMOZERO 1959−69.
Aubertin fand, wie seine Künstlerkollegen, frühzeitig zur Monochromie; er konzentrierte sich hierbei ausschließlich auf die Farbe Rot. Von Anfang an schuf er Werke, die sich durch eine starke Plastizität auszeichnen: Die Oberflächen brechen auf, das Bild wird verräumlicht.
Bei seinem Werk „Structures monochromes rouges: A (Monochrome rote Struktur: A)“ von 1959 „durchkämmte“ Aubertin die dick aufgetragene rote Ölfarbe durch zupfende, rhythmische Bewegungen mit einem Gegenstand, es bilden sich unregelmäßige Kraterstrukturen.
Aubertin verwendete unterschiedlichste Werkzeuge und Materialien für die Gestaltung seiner Oberflächen und entdeckte, ähnlich wie Günther Uecker, auch den Nagel als strukturbildendes Element.
Aubertin assoziierte die Farbe Rot gedanklich von Anfang an mit dem Feuer; ab 1961 setzte er tatsächlich Feuer als „Material“ ein, indem er Feuerbilder schuf. Er stand hiermit nicht alleine: auch andere Vertreter der ZERO-Bewegung experimentierten mit dem Feuer bzw. Rauch, insbesondere Yves Klein und Otto Piene.
Hermann Bartels
*1928 Riesenburg/Westpreußen † 1989 Düsseldorf
Hermann Bartels beschäftigte sich seit Ende der 1950er Jahre, wie die meisten seiner Künstler-Kollegen, mit monochromer Malerei. Er schuf vorwiegend weiße Strukturbilder, bei denen er Spachtelmasse in horizontalen Bewegungen so auftrug, dass links und rechts Materialanhäufungen stehenblieben. Bartels betrieb hiermit Raum- und Lichtstudien, er verfasste parallel eine durch die Schriften Arnold Gehlens und Max Benses inspirierte Theorie.
Bei dem ersten Bild des Künstlers, das Anna und Gerhard Lenz erwarben, handelte es sich genau um solch ein weißes Monochromes Werk, „Weißes Bild Nr. 252“, entstanden 1962.
Bevor Bartels Anfang der 1960er Jahre nach Düsseldorf zog, lebte er nach Abschluss seiner Ausbildung, 1952, für einige Jahre in Frankfurt am Main. In Düsseldorf trat Bartels intensiver in Kontakt mit den ZERO-Künstlern, sein Bezug zu Frankfurt und der dortigen Avantgarde-Szene rund um den Galeristen Rochus Kowallek, blieb allerdings immer bestehen.
Das oben genannte „Weiße Bild Nr. 252“ war daher auch kurz nach seiner Entstehung bei zwei wichtigen Ausstellungen in Frankfurt zu sehen, nämlich „Perspektiven ‘62“, der Eröffnungsausstellung der von Rochus Kowallek betriebenen Galerie d, im Spätjahr 1962, sowie in der wiederum von Kowallek organisierten, großangelegten Schau „Europäische Avantgarde“ in der Schwanenhalle im Frankfurter Römer, im Sommer 1963.
Im November 1970 gelangte das Werk über die Frankfurter Galerie Ursula Lichter, für die Kowallek zwischenzeitlich als künstlerischer Leiter tätig war, in die Sammlung Lenz Schönberg.
Die Sammlung verfügt darüber hinaus über ein schwarzes und ein gelbes Strukturbild und ein Objekt-Bild aus der Serie der „Überspannungen“.
Hans Bischoffshausen
*1927 Feld am See, Österreich † 1987 Villach, Österreich
Der sehr früh verstorbene, im ZERO-Kontext mit seinem Werk allgemein unterrepräsentierte Österreicher Hans Bischoffshausen ist in der Sammlung Lenz mit zwei Werken vertreten, die beide direkt vom Künstler erworben wurden.
Wie seine ZERO-Kollegen, verfolgte auch Bischoffshausen seit den späten 1950er Jahren das radikale Konzept der Monochromie und die damit in Zusammenhang stehende Idee einer Erweiterung des Tafelbildes in den Raum.
Bereits 1959 hatte er seinen Arbeits- und Lebensmittelpunkt für einige Zeit nach Paris verlegt, stand somit in engem Austausch mit der französischen, aber auch mit der italienischen Avantgarde-Szene, über die letztlich die Verbindung zu ZERO zustande kam. Vor allem seine Freundschaft mit dem deutlich älteren Lucio Fontana prägte ihn künstlerisch entscheidend.
Bischoffshausen gliederte seine monochrom weißen Arbeiten mit verschiedenen Strukturen: Rippen, Wülsten, Kurven, Pressdruckstellen; er suchte nach Möglichkeiten, die Phänomene Licht, Raum, Zeit, Energie erfahrbar zu machen.
Sein 1962 entstandenes „Raum schafft sich“ gehört zur Serie der „Apparitionen“: Bischoffshausen drückte mit einem runden Werkzeug Vertiefungen in die dick aufgetragene Spachtelmasse, beschränkte sich hierbei auf den rechten Bildrand.
Der Titel weist auf das Entstehen bzw. Sich-Ausbreiten des Raumes hin: Unstrukturierte, weiße Leere steht einer Struktur gegenüber, die im Entstehen begriffen ist – daher die unterschiedlich starke Ausprägung der Vertiefungen. Bildraum entsteht durch die Ausbreitung strukturschaffender Elemente.
Václav Boštík
*1913 Horní Újezd, Tschechien † 2005 Prag, Tschechien
Mit dem tschechischen Maler, Grafiker und Illustrator Václav Boštík nahm Gerhard Lenz einen Künstler in seine Sammlung auf, der originär gar nicht mit der ZERO-Bewegung in Verbindung zu bringen ist. Wie viele andere, hinter dem „eisernen Vorhang“ arbeitende Künstler, hatte auch Boštík kaum Informationen über die damals zeitgenössische Kunst des Westens. Erstaunlicherweise fand auch er unabhängig zu vergleichbaren Bildlösungen – auch seine Werke charakterisieren sich durch zarte, vibrierende Strukturen. Die ersten Arbeiten Boštíks gelangten 1986 über das Art Centrum in Prag und die Münchener Galerie Walter Storms in die Sammlung Lenz.
Das frühe Bild Feld von 1964 weist mehrere übereinander gelagerte Punktstrukturen auf, die durch ihre Unregelmäßigkeiten (der Künstler hatte die einzelnen Elemente frei aus der Hand gemalt) in optische Bewegung geraten.
Auch seine in der Sammlung Lenz vorhandene Serie der zarten Pastellzeichnungen aus den 1980er Jahren, insgesamt 15 Stück an der Zahl, scheinen bewegt und schweben wolkenartig, befinden sich gleichsam im Zustand zwischen Entstehung und Auflösung.
Pol Bury
*1922 Haine-Saint-Pierre, Belgien † 2005, Paris, Frankreich
Der Belgier Pol Bury ist seit 1968 in der Sammlung Lenz vertreten. Das 1961 entstandene Objekt „Erection molle“ (Sanfte Erhebung). Es wurde durch Vermittlung von Betty Barman, Brüssel, im April 1970 aus der Collection Carlo van den Bosch, Antwerpen, erworben.
Bury zählt zu den bedeutendsten Repräsentanten der kinetischen Kunst. Seit 1953 beschäftigte er sich intensiv mit beweglichen Objekten, die zunächst vom Betrachter in Bewegung versetzt werden sollten. Ab 1957 kam in seinen Arbeiten ausschließlich motorische Antriebskraft zum Einsatz.
„Erection molle“ gehört zu einem Werktypus, den Bury 1960 entwickelte: Von hinten durch den monochrom gefassten Bildträger hindurchgesteckte Nylonfäden ragen tentakelartig in den Raum. An den Enden der Nylonfäden sind weiße Kügelchen aus Gips befestigt. Diese Fäden knotete Bury rückseitig an eine Gitterkonstruktion, die an der Oberseite des Werkes von einem dort fixierten Elektromotor gehalten und zugleich in rotierende Bewegung versetzt wird. Hierdurch zucken und kreisen die fühlerartigen Fäden auf der Vorderseite des Objekts unregelmäßig, kommen auch wiederholt zum Stillstand, um sich dann plötzlich ruckartig erneut in Gang zu setzen. Dies verleiht dem Werk etwas Humorvolles; zugleich wird der Betrachter zu genauem Beobachten angehalten.
Der Blick auf die Rückseite des Werks zeigt, welch ausgeklügelte Konstruktion der Künstler hierfür schaffen musste.
Das großformatige Werk „Erection molle“ (254 x 120 cm) war über viele Jahre erzwungenermaßen außer Betrieb. Das ursprünglich im Hochformat angelegte Werk wurde seit seiner Präsentation auf der Kasseler documenta III, 1964, durchgehend in horizontaler Ausrichtung gehängt, was über die Jahre zu einer Überlastung und schließlich Schädigung des Motors führte. Seit einer aufwendigen Restaurierung 2014 wird das Werk wieder in seiner ursprünglichen Konzeption als hochformatig angelegtes Werk gezeigt.
Über fast unsichtbare Bewegungen thematisieren Burys Arbeiten Zeitphänomene, was der Künstler 1961 im Magazin ZERO 3 wie folgt beschrieb: „…zwischen Bewegung und Reglosigkeit gibt es diesen nicht wahrnehmbaren Moment …dieser Moment des nicht Wahrnehmbaren, an dem das Bewegte bereits stillsteht…an dem das Ende mit dem Anfang beginnt und endet….denn alles endet….alles beginnt von Neuem und das, was von Neuem beginnt, ist nicht das, was war […].“
Enrico Castellani
*1930 Castelmassa, Italien † 2017 Celleno, Italien
Das Werk „Ohne Titel, Superficie spruzzata“ (1959) des Italieners Enrico Castellani gelangte im Oktober 1968 über Hans Liechti und seine Galerie Bernard, Solothurn, in die Sammlung Lenz Schönberg.
Das sehr frühe, noch tachistisch anmutende Werk fällt in eine Phase, in der Enrico Castellani neue Materialien ins Bild einbrachte, um auf unterschiedliche Weise eine stärkere Plastizität zu erreichen. Er ordnete auf einer durch vier schmale, untergelegte Wattewülste teilweise erhöhten Leinwand Bindfäden in unregelmäßigen, länglichen, sich überlagernden Schlaufen an. Anschließend grundierte er das Bild mit heller Ölfarbe, verrieb partiell schwarze, mittelblaue und rotbraune Farbe und bespritzte das Bild – daher der Titel – insbesondere an den Randzonen mit schwarzer Farbe. Der kreisende Verlauf der Schnur und der dynamische Farbauftrag sorgten für einen Ausdruck von Bewegtheit.
Die Mehrzahl der in der Folge entstehenden Werke war monochrom; wie viele seiner Künstlerkollegen durchlief auch Castellani eine Phase der schwarzen Bilder. Das im selben Jahr entstandene Werk „Superficie nera (Schwarzes Reliefbild)“ gelangte im Juni 1972 über die Galerie Georges Kasper, Morges, in die Sammlung und ist ein frühes Beispiel für Castellanis Beschäftigung mit neuen räumlichen Dimensionen.
Für den 1930 geborenen Italiener waren Nägel als Werkstoff ebenfalls essenziell, er hielt diese allerdings, anders als Günther Uecker, stets im Verborgenen. Castellani legte die Leinwand in der oberen Bildhälfte in horizontalen Falten übereinander und unterpolsterte die so entstehenden Wülste mit Watte. In der unteren Bildhälfte zeichnen sich unter der Leinwand deutlich die Köpfe der von Castellani eingeschlagenen Nägel ab, wodurch sich auch hier die Leinwand abhebt und Falten wirft . Fast alle seine zu diesem Zeitpunkt entstehenden Arbeiten wiesen vertikale oder horizontale, mal stärker, mal schwächer hervortretende Strukturen auf. Sie ergaben sich durch Faltung bzw. Raffung der Leinwand, wodurch an den Stellen der Vertiefungen die Bildfläche teils dunkel verschattet lag. Die Oberflächendifferenzierung erfolgte nicht mehr mittels Farbe, sondern durch die jeweilige Lichtbrechung bzw. -reflexion. Dieser Werktypus zeigte große Parallelen zu den weißen Achromes (1957–63) seines Künstlerfreundes Piero Manzonis, die zeitgleich entstanden (s. Eintrag Manzoni).
Piero Dorazio
*1927 Rom, Italien † 2005 Perugia, Italien
Piero Dorazio war an allen wichtigen Unternehmungen der ZERO-Bewegung beteiligt, obwohl er ab den späten 1950er Jahren einen Lehrauftrag in den USA hatte und erst Mitte der 1970er Jahre wieder nach Italien zurückkehrte.
Dorazio ist seit 1971 in der Sammlung Lenz vertreten; heute beherbergt die Sammlung zwei frühen Papierarbeiten mit für ihn ab den späten 1950er Jahren typischen fast textil anmutenden Linienstrukturen, eine Radierung aus den späten 1970er Jahren sowie ein Ölgemälde mit rhythmischen Farbfeldern aus den 1980er Jahren.
Dorazio entwarf darüber hinaus auch Bühnenbilder und schuf angewandte Arbeiten; in der Sammlung Lenz befindet sich eine von Dorazio gefertigte Keramikschale von 1981.
Dušan Džamonja
*1928, Strumica, Nordmazedonien † 2009, Zagreb, Kroatien
Der im ehemaligen Jugoslawien lebende und arbeitende Dušan Džamonja stand mit der ZERO-Bewegung in keinerlei Kontakt, seine Arbeiten ergänzen jedoch aufgrund ihres reduzierten und konzentrierten Charakters auf sehr stimmige Weise das Gesamtbild der Sammlung.
In der Sammlung Lenz befinden sich zwei großformatige Bronze- bzw. Eisenskulpturen für den Außenbereich, eine kleine Bronzearbeit sowie mehrere Zeichnungen und Lithographien.
Die Werke dürfen hier aus bildrechtlichen Gründen nicht wiedergegeben werden.
Lucio Fontana
*1899 Rosario, Argentinien † 1968 Comabbio, Italien
Lucio Fontana ist in der Sammlung Lenz seit Frühjahr 1970 vertreten.
Eines der ersten, von Anneliese und Gerhard Lenz erworbenen Werke Fontanas war die Bronzeskulptur „Concetto Spaziale — Natura“.
Die Serie „Le Nature“ fertigte Fontana 1959-60 während seiner Sommer-Aufenthalte in Albisola an; sie umfasst sowohl Arbeiten in Terrakotta, als auch die später in Bronze gegossene Kugeln. Die Oberfläche der großen, unförmigen Kugel lässt deutlich die raschen Bearbeitungsspuren Fontanas an der Vorlage im weichen, lehmigen Material erkennen. Oben klafft, gleichsam wie eine Verletzung, eine weite, kraterartige Öffnung auf, die den Blick ins dunkle Innere der Skulptur freigibt.
„Le Nature“ können als Äquivalente betrachtet werden zu Fontanas durchstoßenen bzw. zerschlitzten Leinwänden, die seit Ende der 1940er Jahre entstanden.
Durch den sekundenschnellen radikalen Akt des Schneidens und Durchstoßens revidierte der Künstler gleichsam das zuvor Geschaffene. Das Material – Leinwand, wie Ton – diente ihm in erster Linie dazu, „eine Idee festzuhalten“: „Ich mache ein Loch, durch das geht das Unendliche, geht das Licht, ich brauche nicht mehr zu malen“, so Fontana.
Er gab durch die Leinwand hindurch den Blick auf einen jenseits des Bildes liegenden Raum frei. Wegweisend wirkte für ihn, wie er rückblickend resümierte, die Vorstellung einer neuen Dimension, „die dem Kosmos entspricht, zu einer Zeit, wo die Rakete, das heißt der Kosmos noch nicht erfunden war.“
Bezeichnenderweise betitelte Fontana seine Werke immer als „Concetto Spaziale“ (räumliches Konzept), „weil sie eine neue Auffassung des geistigen Raumes waren.“
Als weitere Werke Fontanas beherbergt die Sammlung Lenz Schönberg Keramiken, Concetti Spaziali in Leinwand und Papier sowie Zeichnungen.
Raimund Girke
*1930 Heinzendorf, Niederschlesien † 2012 Köln
Raimund Girke war an einer Vielzahl an ZERO-Aktionen beteiligt, distanzierte sich selbst jedoch entschieden von dieser Bewegung: „Das erste Mißverständnis in Bezug auf meine Arbeit war die Unterstellung, ich sei ein Zero-Künstler. Das bin ich nie gewesen. Ich bin Maler und habe ausschließlich gemalt, habe nie Objekte gemacht.“
Wie die Mehrzahl der Kollegen aus dem ZERO-Kontext, durchlief allerdings auch Girke eine Entwicklung der Reduktion in Bezug auf Farben und gestalterische Mittel – ausgehen von relativ expressiv wirkenden mehrfarbigen Bildern, fand auch er innerhalb kurzer Zeit zur weißen Monochromie.
Die ersten beiden Werke von Raimund Girke, Ohne Titel (Bild Nr. 18), von 1961, und Ohne Titel (Bild Nr. 11) von 1966, gelangten über die Einzelausstellung Girkes im Dezember 1969 in der Frankfurter Galerie Ursula Lichter in die Sammlung. Bereits im Folgejahr kamen mit dem frühen Bild Im Grauklang von 1958 und einer unbetitelten Gouache von 1963 zwei weitere Arbeiten hinzu − beide erworben bei einer weiteren Einzelschau des Künstlers in der Galerie Ernst in Hannover. Im Grauklang (1958) weist verschiedene Mischungen aus Schwarz und Weiß auf, an einigen Stellen treten tieferliegende ockerbraune Schichten hindurch. Der Farbauftrag erfolgte mit Hilfe eines Spachtels: deutlich zeichnen sich die nebeneinandergesetzten „Hiebe“ ab, mit denen Girke die Bildfläche zeilenartig voranschreitend strukturierte. Die Arbeit trägt noch einen konkreten Titel, der die Stimmung des Bildes einfängt.
Bei dem nur drei Jahre später entstandenen kleinformatigen Bild Ohne Titel (Bild Nr. 18) von 1961 konzentrierte sich Girke farblich ausschließlich auf Weiß und strukturierte die Oberfläche wiederum über horizontal in Reihen angeordnete diagonal verlaufende „Wischer“. Diese sind allerdings nicht plan, sondern wurden mit einem stumpfen Gegenstand, eventuell dem Pinselstiel, in die dick aufgetragene Farbe gezogen, so dass ein Relief entstand. Die Fläche ist hier nicht durchgehend strukturiert, sondern die Bildränder bleiben ausgespart, was zu einer Beruhigung der Wirkung beiträgt.
Das fünf Jahre später entstandene Ohne Titel (Bild Nr. 11) (1966) strahlt einen ruhigen, meditativen Charakter aus. Girke hatte inzwischen zu gänzlich neuen Techniken gefunden. Wie viele andere Künstler damals, versuchte auch er zeitweise die künstlerische Handschrift zu unterdrücken, indem er die Farbe mittels einer Spritzpistole auftrug, wodurch die Oberflächen nebelartig undefiniert wirken. Die in dieser Phase entstehenden Bilder sind im Hochformat angelegt, sie werden über exakt parallel gesetzte, durch das zarte Weiß hindurchschimmernde Horizontale gegliedert. Die Abstände zwischen den Horizontalen variieren, wodurch sich Bewegungseindrücke einstellen.
Hermann Goepfert
*1929 Bad Nauheim † 1982 Antwerpen
Der studierte Architekt und Lichtkünstler Hermann Goepfert gehört zum Künstlerkreis rund um die Frankfurter Galerie Ursula Lichter. Diese war in den frühen 1970er Jahren wiederum „Stammgalerie“ von Gerhard Lenz, zeitweise suchte er den engagierten damaligen Galerieleiter, Rochus Kowallek, täglich auf, und erwarb in kurzer Zeit eine Vielzahl an Werken.
Hermann Goepfert ist seit Frühjahr 1968 in der Sammlung vertreten, Anna und Gerhard Lenz standen mit Hermann Goepfert und dessen Frau Lilot in freundschaftlichem Kontakt.
Goepfert war, wie die Mehrzahl der anderen ZERO-Künstler, zunächst ab Ende der 1950er Jahre über eine radikale Reduktion zur monochromen Malerei vorgedrungen. In seinen damals entstehenden Weißbildern, weiß gespachtelten Leinwänden, die er mit reliefartigen Erhöhungen versah, sollte das Licht dazu gezwungen werden, „bildnerische Konfigurationen zu erzeugen“.
Tatsächlich zeichneten sich auf der Bildfläche unterschiedliche Licht-Schaffen-Effekte ab, wodurch das Bild stets gewandelt erschien. Goepfert sprach, anders als seine Kollegen, nicht von „Monochromie“, sondern prägte hierfür gemeinsam mit seinem Künstlerfreund Piero Manzoni den Begriff der „Achromie“. In der Sammlung Lenz befinden sich drei Weißbilder von 1958, 1961 und 1961, aber auch ein frühes Schwarzbild von 1957.
Das erste Werk, einen kinetischen Reflektor, kaufte Lenz bei Goepferts Einzelausstellung achrom 3 im Januar 1968; der Künstler hatte das Werk eigens für diese Schau geschaffen.
Goepfert entwickelte ab 1963 seinen Werktypus der Reflektoren, die nur noch auf den Materialien Aluminium bzw. Edelstahl beruhten und mit denen das Licht reflektiert und zugleich in Bewegung versetzt werden sollte:
Vor ein meist konkav gewölbtes Aluminiumblech, das Goepfert auf eine schwarz grundierte Holzplatte aufgezogen hatte, hing ein an der oberen und unteren Bildmitte mittels einer Feder (oder Faden) befestigtes, individuell geformtes Aluminiumobjekt. Dieses war beweglich gelagert und konnte in Schwingung oder Rotation versetzt werden, so dass die Objekte das durch die spiegelnde Rückwand reflektierte Licht aufnahmen und in Form sich verändernder Licht-Figurationen auf die Objekt-Rückwand bzw. in den Raum zurückwarfen.
Bei sehr starker Lichteinwirkung trat nicht mehr vorrangig der eigentliche Reflektor, sondern reflektiertes, in Schwingung versetztes Licht ins Bewusstsein.
Kuno Gonschior
*1933 Wanne-Eickel † 2010 Bochum
Das erste Werk Kuno Gonschiors wurde von den Sammlern 1970 über die Galerie m in Bochum erworben; erst viele Jahre später, 1984, kam ein weiteres Werk über die Galerie Wahlandt, Schwäbisch-Gmünd, hinzu. Beide Werke dürfen hier leider aus bildrechtlichen Gründen nicht wiedergegeben werden.
Die beiden Arbeiten von 1961 bzw. 1959/60 reichen in die Zeit des Studiums an der Kunstakademie Düsseldorf (1957−61). Gonschior entwickelte damals das Verfahren seriell gesetzter Punkte in unendlichen Überlagerungen, die das Betrachterauge irritieren und seine Leinwände optisch in schwingende Bewegungen versetzen.
Kuno Gonschior umschrieb sein Vorgehen wie folgt:
„Von Beginn an war mir klar, daß ich gleichsam wissenschaftlich vorzugehen hatte wie ein Chemiker, Physiker, Physiologe Soziologe. […]. Seit 1959/60 verwende ich fast nur ungrundierte Leinwände (die in den ersten Jahren manchmal benötigte Grundierung stellte ich selber her). Ich erprobe, wie sich die verschiedenen Farben auf der Leinwand verhalten, ich erprobe ebenso gleiche Farbtöne von unterschiedlicher Qualität und Herstellung, dazu Korngröße, Beimischungen und Zusammensetzungen des Pigments. Ich kaufe niemals ‚fertige‘ Farben, sondern nur Pigmente, die ich mit verschiedenen Bindern vermenge (meistens mit Kunstharzbindern, was ich dann – nicht immer ganz richtig – Acryl nenne). Ebenso entscheidend ist der Malprozeß, dann die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit beim Auftrocknen der Farbe für das spätere Erscheinungsbild der Farbe. Meine Methode: ich arbeite wie in einem Laboratorium experimentierend und kalkulierend in Serien, die sich nur durch geringe Nuancen voneinander unterscheiden. Dabei bilde ich Gruppen, zerlege die Serien in Versuchsanordnungen, und bilde – immer wieder elementar ansetzend – neue Konstellationen zugleich behutsam in diesen Prozeß hineinhorchend. Meine gesamte bisherige Arbeit ist seriell bestimmt, eine Serie von solchen Serien.“ (Kuno Gonschior, zitiert nach Jens Christian Jensen, „Kuno Gonschiors Malerei“, in: Kat. Kunsthalle Kiel/Schleswig-Holsteinischer Kunstverein, 1977, o. S.)
Gerhard von Graevenitz
*1934 Schilde, Mark Brandenburg † 1983 Habkern im Traubachtal, Schweiz
Gerhard von Graevenitz ist in der Sammlung Lenz seit März 1970 vertreten. Das Sammlerpaar erwarb damals bei einer Einzelausstellung des Künstlers in der Frankfurter Galerie Ursula Lichter sechs Arbeiten; 1972 und 1984 kamen zwei weitere Arbeiten hinzu. Vier Arbeiten wurden 2010 bei einer Auktion wieder veräußert.
Die Sammler standen mit dem früh verstorbenen Gerhard von Graevenitz und seiner Frau Antje in sehr freundschaftlichem Kontakt.
Graevenitz war in den 1960er Jahren in viele wichtige ZERO- Aktivitäten eingebunden, 1962 trat er als Mitbegründer der internationalen Nouvelle Tendance-Bewegung hervor. Er erprobte im Laufe seines kurzen Lebens ein weites Feld an Möglichkeiten, Bewegung zum festen Bestandteil der Kunst zu machen und gilt heute international als einer der wichtigsten Kinetik-Künstler.
Sein Gesamtwerk lässt sich grob in vier Typen gliedern: Weiße Strukturen, kinetische Objekte, Lichtobjekte und Spielobjekte. Kontrollierbares und Unkontrollierbares, also Zufall, sind die beiden tragenden Elemente seiner Kunst. Seine Mittel sind: unvorhersehbare Bewegung, Licht, Zufall. In der Sammlung Lenz sind Beispiele aus den ersten beiden Kategorien der weißen Strukturen und kinetischen Objekte vertreten, deren Entwicklung Gerhard von Graevenitz so erklärt:
„meine kinetischen objekte haben sich aus weißen reliefs entwickelt: verteilungen von halbkugelförmigen erhöhungen und/oder vertiefungen. darin interessierten mich zunächst vor allem die methoden der anordnung. aus den anfänglich hierarchischen ordnungen (progressionen, verläufen) entwickelten sich streng nicht-hierarchische (auf dem prinzip des zufalls basierte) homogene strukturen. entsprechend galt mein interesse mehr und mehr der instabilität, der veränderlichkeit, die durch das licht bewirkt wird. die weißen reliefs reagieren auf veränderungen der äußeren bedingungen, weil nicht farben oder andere faktoren davon ablenken.
Die kinetischen objekte produzieren veränderung selbst, und hier hat die beschränkung auf weiß die funktion, den größtmöglichen nachdruck auf die bewegung zu legen.“ (G. von Graevenitz, zitiert nach Kat. Kunsthandel Wolfgang Werner, Bremen/Berlin 2014, o. S.)
Die 1984 über die Galerie Schoeller in Düsseldorf erworbene, 1958 entstandene „Weiße Struktur mit diagonaler Kreisreihe“ ist ein frühes Beispiel einer noch auf regelmäßiger Verteilung von Elementen beruhenden Struktur.
Dagegen weist die Anordnung der Punktelemente seiner „Weißen Struktur: sich durchdringende Progressionen I“ von 1961 eine hohe Komplexität auf, sie basiert auf statistischen Planungen. Der Betrachter erahnt ein bestimmtes Schema, das er allerdings visuell nicht erfassen kann, da das Auge ständig zwischen unterschiedlichen Konstellationen springt.
Bei seinen ab 1960/61 durch logische Weiterentwicklung dieser Strukturbilder entstehenden kinetischen Objekten rotieren die einzelnen, motorbetriebenen Elemente um die eigene Achse bzw. bewegen sich auf andere, festgelegte Weise auf dem Bildfeld. Wie und in welchem Tempo diese Elemente laufen, erscheint jedoch unvorhersehbar, wodurch sie den Betrachter intensiv mit einbeziehen: Dieser erlebt das Werk als eine dauernd sich wandelnde Konstellation.
Die Sammlung Lenz verfügt über zwei kinetische Arbeiten von Gerhard von Graevenitz, entstanden 1964 und 1968-70.
Gotthard Graubner
*1930 Erlbach, Vogtland † 2013 Düsseldorf
Gotthard Graubner, enger Freund der Familie Lenz, ist als Künstler seit 1970 in der Sammlung Lenz Schönberg vertreten. Erste Arbeiten von ihm wurden über die Galerie Ursula Lichter in Frankfurt und die Galerie Denise René/Hans Mayer in Krefeld erworben.
Graubner beschäftigte sich seit Anbeginn seines Schaffens mit dem Verhältnis von Farbe und Raum. Bereits in seinem frühen Ölgemälde von 1963, „Stern, sonst nur auf der südlichen Halbkugel zu sehen“ scheinen sich die zart aufgetragenen, transparenten Farbschichten in den Raum zu wölben.
Ende der 1960er Jahre vollzog Graubner dann den Schritt hin zur Gestaltung von „Farbraumkörpern“: Das zum Farbauftrag genutzte Instrument, ein mit Farbe vollgesogener Ballen, wurde nach und nach selbst zum Bild; es entstanden erste dreidimensionale „Kissenbilder“. Hierfür wurde Schaumstoff bzw. Synthetikwatte von Graubner mit Perlon oder Leinwand überspannt und anschließend mit Öl- oder Acrylfarbe getränkt, um ein Pulsieren der Farbe unter der Oberfläche zu erreichen.
„Der Entwicklung meiner künstlerischen Arbeit kann man stufenweise folgen. Die Farbe entfaltet sich als Farborganismus; ich beobachte ihr Eigenleben, ich respektiere ihre Eigengesetzlichkeit. So konnte sich die zweidimensionale Ausbreitung zum Leib verdichten, […]. In meinen überspannten Bildern findet sich ein Minimum an tatsächlicher Farbe. Ein Gazeschleier filtert das, was unter dieser Haut an farbigem Lichtraum pulst. Das Licht schwingt. Farbe wird erfahrbar durch ihre Nuance.“ (Gotthard Graubner, 1969)
Neben diesen für Graubner typischen Kissenbildern und Farbraumkörpern, befinden sich in der Sammlung auch zwei sehr frühe Leinwandgemälde, die der Künstlern den Sammlern als Geschenk überließ, sowie zahlreiche Radierungen, Gouachen und Ölmalereien auf Papier.
Jochen Hiltmann
* 1935 Hamburg
Jochen Hiltmann ist in der Sammlung Lenz lediglich mit einem runden Stahlrelief (1962) vertreten, das über Carlo van den Bosch, Antwerpen, im Februar 1970 erworben wurde.
Hiltmann arbeitete seit 1959 ausschließlich als Bildhauer und verzeichnete vor allem in den 1960er Jahren große Erfolge: Er gewann etliche Auszeichnungen und wurde 1964 auf der documenta III in Kassel in der Abteilung „Skulptur“ gezeigt. Von 1967 bis 2001 war er als Dozent bzw. Professor in Hamburg und Amsterdam tätig.
Zu seinen Metallarbeiten schrieb er: „ […] Technik wird Vorgang. Die Form wächst von innen. Ohne Abguß, nur im Stoff ist meine Plastik gewachsen, Tropfen für Tropfen. Jedes Zusammenschweißen einzelner Teile, synthetische Collage, alles Leimen und Kitten von vorgeformtem Material ist verbannt. Plastik in Stahl, Edelstahl oder Bronze im ‚Direktguß‘, ohne Gußkern. Konsistenzwandel, Genesis. Die Folge: Fehlen einer Stand- und Schauseite. Meine Plastik ist voll abtastbar, auch aufgeschnitten ein organischer Körper, der keiner Tarnschicht bedarf.“ (Jochen Hiltmann, Faltblatt zur Ausstellung in der Galerie Schmela, Düsseldorf, März 1960)
Paul van Hoeydonck
*1925 Antwerpen, Belgien
Das gesamte Schaffen des belgischen Künstlers Paul van Hoeydonck widmet sich thematisch dem Vorstoß ins unbekannte Universum. Zur Darstellung kommen Planeten, Astronauten und verschiedenste Elemente der Raumfahrt. Die Oberflächen seiner Bilder erinnern an die Kraterlandschaften des Mondes, so auch die seines Werks „Ohne Titel (Spacescape)“, das im Oktober 1968 über Hans Liechti und seine Galerie Bernard in Solothurn in die Sammlung Lenz Schönberg gelangte. Van Hoeydonck hatte damals dort eine Einzelausstellung.
Oskar Holweck
*1924 St. Ingbert † 2007 Sulzbach
Der Saarländer Oskar Holweck, Pionier der Papierkunst, ist seit Ende der 1960er Jahre in der Sammlung vertreten.
Im Juli 1969 hatte Holweck eine Einzelschau „Oskar Holweck – Frühe Arbeiten“ in der Frankfurter Galerie Ursula Lichter, bei der Gerhard Lenz acht Arbeiten erwarb, hierunter auch drei der sehr seltenen, aus Holz gefertigten Reliefs, eine Tusche-Zeichnung sowie in unterschiedlichen Techniken ausgeführte Reißreliefs aus Papier und eine Graphit-Zeichnung.
Sehr viel später, 2014, wurde die Sammlung um ein großes Buchobjekt, 21 II 80, ergänzt.
Somit geben die in der Sammlung Lenz vorhandenen Arbeiten Einblick in die große Brandbreite von Holwecks Schaffen mit dem Werkstoff Papier.
Yves Klein
*1928 Nizza † 1962 Paris
Der sehr jung verstorbene Franzose Yves Klein ist seit 1969 in der Sammlung vertreten. Der erste Ankauf, Monochromes blaues Bild »IKB 146-148« (1959), gehört zu einer Serie von 500 gleichen monochrom blauen Bildern, die ursprünglich als Beigabe zu einem von Pol Bury herausgegebenen Buch gedacht waren. Da das Buch niemals erschien, wurden die Bilder einzeln durch die Galeristin Iris Clert und Pol Bury verkauft.
Das in der Sammlung Lenz Schönberg befindliche Bild wurde im März 1965 von Iris Clert im Rahmen der Schau „Les Neo-Individualistes“ im Institut Français in Berlin ausgestellt und im Juni 1969 von Gerhard Lenz über die Galerie Ursula Lichter in Frankfurt a. M. erworben.
Rasch wurde die Sammlung um weitere blaue Monochrome, Anthropometrien, Feuerbilder und eine Schwammplastik ergänzt. Die Sammlung beherbergt insgesamt neun Arbeiten von Yves Klein.
Stanislav Kolíbal
*1925, Orlova, CZ
Walter Leblanc
*1932 Antwerpen, Belgien † 1986 Silly, Belgien
Walter Leblanc beschäftigte sich seit 1958 mit monochromer Malerei. Im Folgejahr begann er mit der für ihn charakteristischen Torsion zu experimentieren, indem er seine Bilder mit spiralförmig verdrillten Elementen aus Baumwollfaden, Plastik oder Metall versah. Es entstand sein Bildtypus der „Twisted Strings“.
Ausschlaggebend hierfür war die Idee, Bewegungsmomente in die Werke zu integrieren, ebenso das Licht, weshalb viele der damals entstehenden Bilder auch in Weiß und sogar Silber oder Gold gehalten sind.
Die Sammlung Lenz beherbergt neben einem frühen silberfarbenen „Twisted strings“ (1959/69) [Bild 1] auch ein goldfarbenes „Twisted strings“ von 1959 [Bild 2], bei dem die Baumwollfäden senkrecht nebeneinander angeordnet sind; mittig ergänzt um einige Metallringe.
Der Künstler hatte das Bild 1961 bei der für ihn bedeutenden ersten großen Einzelausstellung im Palais des Beaux Arts präsentiert. Es befand sich in der Sammlung von Nicole Leblanc, der Ehefrau des Künstlers, bis es 1990 über die Galerie Schoeller, Düsseldorf, in die Sammlung Lenz gelangte.
Adolf Luther
*1912 Uerdingen † 1990 Krefeld
„Der Raum ist nicht leer, sondern voller Licht“ – dies war einer der Leitsätze des Krefelder Lichtkünstlers Adolf Luther.
Wie die anderen ZERO-Künstler, beschäftigte auch er sich seit 1958 intensiv mit Licht, Materie und Raum, und bezeichnete seine Tätigkeit als „Recherche“, die von einer „Unvorhersehbarkeit des Resultats“ ausging.
Licht ließ sich laut Luther als „energetische Seite der Realität bildlich nicht darstellen, weshalb er eine schrittweise „Überwindung der Fläche“, schließlich eine Aufhebung der Kategorie Bild verfolgte.
Das erste Werk von Adolf Luther, der bereits vor dem Ersten Weltkrieg geboren war und damit einer älteren Generation als der Rest der ZERO-Kollegen angehörte, gelangte im August 1970 in die Sammlung und war ein großformatiges, über die Galerie m in Bochum erworbenes Hohlspiegelobjekt (Ohne Titel) von 1969.
Der Entstehung solcher, für Luther, aus heutiger Sicht, typischen Objekte geht eine lange Entwicklungsgeschichte voraus. Auch er begann als Maler, kam allerdings ab Mitte der 1950er Jahre zur Erkenntnis, dass traditionelle Bildmittel und Darstellungsweisen den Anforderungen der Zeit nicht mehr genügten, weshalb er sich darauf konzentrierte, Instrumente herzustellen, mit denen sich aufzeigen ließ, dass „neben der illusionistischen Farbwelt eine unentdeckte Lichtwelt“ existierte.
Es sollte deutlich werden, dass Licht zwar immateriell ist, dennoch aber strukturelle Eigenschaften besitzt, wodurch es sich an Stelle der Farben als Medium einsetzen ließ.
Radikaler als seine Künstlerkollegen, die das Material zwar reduzierten, dieses aber, zumindest lange Zeit, als notwendigen Ausgangspunkt ihrer Kunst beibehielten, vollzog Luther dessen systematische Zerstörung, um im Gleichzug eine umso intensivere Lichterscheinung zu erreichen. Er experimentierte daraufhin mit Scherben, Glas und Linsen.
„Ende 1965, die Stunde der optischen Gläser ist gekommen, nachdem ich die Scheu vor den Kosten überwunden hatte. Das war zugleich ein Schnittpunkt künstlerischer und wissenschaftlicher Erfahrung“, resümierte Luther rückblickend den Wendepunkt seiner künstlerischen Karriere.
Die in der Folge entstehenden Linsenobjekte gehören heute zu seinen bekanntesten Werken: Verwendete er zunächst optische Linsen aus Plastik, die sich nebeneinanderreihen ließen, so entdeckte er mit dem Hohlspiegel 1966 ein Medium, bei dem, aus einem bestimmten Abstand betrachtet, ein vor dem Objekt schwebendes Bild sichtbar wurde.
Für Luther lag hierin der Beweis, dass das Licht, wie er schon lange vermutet hatte, fähig war, Bilder zu transportieren: Im Brennpunkt der Linsen fingen sich unzählig viele kleine Bilder, die im Raum vorhanden waren, von ihm als Vor-Bilder bezeichnet. „Daß die Hohlspiegelobjekte das Vorbild bringen können, war mir nicht bekannt, ich hatte nicht damit gerechnet. Ich war vom Anblick ganz überwältigt“, erinnerte sich Luther. Bei diesen Vor-Bildern handelte es sich um Erscheinungen, die frei waren von einer Bindung an die Oberfläche und gleichsam zwischen Linsenobjekt und Betrachter schwebten; es waren ‚Umkehrbilder‘ aus Licht.
Heinz Mack
*1931 Lollar, Hessen
Im Dezember 1967 erwarben Anna und Gerhard Lenz anlässlich einer Einzelausstellung von Heinz Mack in der Frankfurter Galerie Ursula Lichter das Werk Kleine Fata Morgana von 1966.
Mack beschäftigte sich in diesem Zeitraum intensiv mit der Idee eines „artifiziellen Gartens in der Wüste“, die er bereits 1961 unter dem Titel „Sahara-Projekt“ veröffentlicht hatte.
„…Sie fragen: kann das Projekt auch verwirklicht werden? …ich sage ja!“ – leitete Mack seine Beschreibung ein und schilderte detailliert die Wirkung seiner Werke im intensiven Licht der Wüste. Mack hatte seit 1955 mehrfach Marokko und Tunesien bereist und war mit den dortigen Gegebenheiten vertraut.
Die für die Wüste vorgesehenen Skulpturen sollten allesamt aus Aluminium gefertigt sein. Mack hatte dieses Material 1958 für sich entdeckt; es erwies sich aufgrund seines geringen Gewichts und der leichten Formbarkeit für die Wüstenexpeditionen als ideal.
Mack veranschaulichte in seiner Kleinen Fata Morgana ein von ihm in der Wüste sicherlich mehrfach erlebtes physikalisches Phänomen: Vor eine polierte Aluminiumplatte montierte er im unteren Bereich eine mit unregelmäßigen Lochrastern versehene, wellenförmig gestaltete Aluminiumbasis, die den Sandboden andeuten soll. Darüber erhebt sich ein aus einem zarten metallenen Netz gebildetes „Gewächs“.
Die Sammlung Lenz Schönberg beherbergt von Heinz Mack mehrere Lichtreliefs in unterschiedlichen Ausführungen sowie Papierarbeiten.
Piero Manzoni
*1933 Soncino, Italien † 1963 Mailand
Das erste Werk von Manzoni, eines seiner Achromen Bilder, Ohne Titel, entstanden 1957, kam im April 1968 in die Sammlung. Gerhard Lenz erwarb es bei einer Ausstellung „Achromes“ in der Frankfurter Galerie Ursula Lichter.
Manzoni hatte hierfür ein Stoffstück in horizontale und vertikale Falten gelegt und es auf eine grobe Leinwand montiert; anschließend durchtränkte er die Oberfläche mit weißer Farbe, Kaolin und Leim.
Piero Manzoni, der als Wegbereiter der Konzeptkunst gilt, präsentierte ab 1958 seine ersten Achromes, die er folgendermaßen beschrieb: „[…] eine weiße Fläche, die weiße Fläche ist und nichts anderes (eine farblose Fläche, die eine farblose Fläche ist), oder noch besser, die ist und nichts anderes: Sein (und totales Sein ist reines Werden).“
Die aus unterschiedlichsten, teilweise sich mit der Zeit stark verändernden Substanzen geschaffenen Materialbilder verkörperten für ihn, ähnlich wie seine auf weiße Papierrollen gezogenen Linien, die Idee der Unendlichkeit. Eine solche in einer Kartonrolle aufgewickelte unendliche Linie, Linea, 19,62 Meter, von 1958, erhielten die beiden Sammler 1972 als Geschenk ihres Künstlerfreundes Hermann Goepfert. Goepfert wiederum pflegte eine enge Freundschaft mit Manzoni, sie besuchten sich immer wieder gegenseitig und arbeiteten zusammen.
In den 1980er Jahren kamen noch zwei andere Werke in die Sammlung: Zum einen, ein weiteres „Achrome“ aus sehr ungewöhnlichem Material, an dessen Entstehung sich die Frau von Goepfert, Lilot Goepfert, rückblickend erinnerte: „Goepfert suchte mit Manzoni ein einschlägiges Geschäft auf, und sie kauften im sonnig warmen Sommer alles Engelshaar auf, das zur Verfügung stand, zur großen Verwunderung des Verkaufspersonals, das den Handel teils verständnislos, teils überlegen lächelnd tätigte.“ Dieses Achrome fertigte Manzoni nämlich aus weißer Fiberglaswolle, die er vor dunklem Samtgrund montierte.
Das andere Werk, ein sehr frühes, unbetiteltes Bild von 1955, reicht in die Zeit des Kunststudiums in Mailand, als sich Manzoni noch mit der von Paris ausgehenden, sogenannten informellen, stark gestischen Malweise beschäftigte.
Manzoni belebte ZERO durch seine radikalen, innovativen Ideen. Er liebte es zudem, unentwegt mit seinem kleinen Fiat 500 zwischen Mailand, Rom, Lausanne, Frankfurt, Düsseldorf, Amsterdam, Antwerpen und Kopenhagen zu pendeln und sich so, bis zu seinem frühen Tod, 1963, gleichsam als „Bote, der die Zero-Botschaft überall in Europa vermittelte“, zu betätigen.
Almir Mavignier
*1925 Rio de Janeiro, Brasilien † 2018 Hamburg
Der Brasilianer Almir Mavignier – ehemals Schüler von Max Bill – ist seit 1970 mit einer einzigen Arbeit in der Sammlung Lenz vertreten. Das 1959/60 entstandene Werk „Durchdringung“ wurde über die Galerie Ad Libitum in Antwerpen erworben und stammt ursprünglich aus der Sammlung Carlo van den Bosch, Antwerpen.
Zu Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit, 1954, schuf Mavignier ganz plane Raster, ging dann aber dazu über, die Punktstrukturen mit zähflüssiger Ölfarbe dick auf den stets monochrom grundierten Träger aufzutupfen, sodass diese zunehmend an Plastizität gewannen. Waren diese Elemente zunächst relativ beliebig angeordnet, so dass sich die Bildfläche über unregelmäßige Licht- und Schatteneffekte gliederte, so verteilte Mavignier die Farbpunkte bald darauf nach einem regelmäßigen Schema und ließ sie in ihrer Größe kontinuierlich an- und abschwellen, wodurch die einzelnen Elemente eine unterschiedliche optische Aktivität entwickelten.
Der vom Künstler häufig eingesetzte Titel „Durchdringung“ weist bereits auf den kinetischen Effekt hin: der Übergang von Verdichtung und Auflösung der Struktur beruht hier scheinbar auf einem stetigen, fließenden Ineinander-Gleiten der aus Farbpunkten zusammengesetzten geometrischen Felder. Die stark pastos aufgetragene Farbe und das aus dem Raum einfallende Licht treten hier in Wechselwirkung, es ergeben sich Licht-Schatten-Effekte, Lichtreflexe leuchten auf den kleinen Farbkegeln. Mavignier selbst sprach von einer „optische[n] Mischung von Farbe und Licht und Schatten, deren Wirkung sich verändert, wenn das einfallende Licht seine Richtung oder Intensität wechselt“.
Christian Megert
*1936 Bern
Der Schweizer Christian Megert ist seit 1970 in der Sammlung Lenz vertreten, er zählt zu den damals jüngsten ZERO-Künstlern. Das erste durch Gerhard Lenz über Hans Liechti, Gastwirt und Betreiber der Galerie Bernard in Solothurn, erworbene Werk war ein frühes informelles Sandbild (Ohne Titel) von 1958.
Wie die Mehrzahl seiner Künstlerkollegen, begann auch Megert zunächst mit informellen Materialbildern und monochromen Arbeiten zu experimentieren. Auch die Farbstudie (Gouache auf Karton) von 1956 stammt aus dieser frühen Schaffensphase Megerts.
Zeitgleich, 1959, entdeckte Megert mit dem Spiegel ein Material, das ihm vollkommen neue Möglichkeiten eröffnete und bis heute sein künstlerisches Schaffen prägt.
In der Folge entstanden zahlreiche Collagen mit Spiegelscherben und Spiegelobjekte, wovon die Sammlung Lenz mehrere Beispiele beherbergt.
Mit der Glashängung No. 2 (Windharfe) von 1961 befindet sich in der Sammlung zudem ein für Megert sehr außergewöhnliches Werk.
Aus der Überlegung heraus, dass Spiegel nicht nur ihre Umgebung wiederzugeben und optisch zu erweitern vermochten, sondern auch zur Entstehung unendlicher, virtueller Räume beitragen konnten, unternahm Megert Anfang der 1960er Jahre weiterführende Experimente. Zunächst schuf er ‚Miniatur‘-Spiegelräume, in ihrem Inneren mit Spiegelgläsern versehene, zum Teil verschließbare Zigarrenkisten, die, an der Wand befestigt, den Blick in eine neue Raumsituation boten. Die Werke Lichtkasten (1970) und Spiegeltisch (1977) in der Sammlung Lenz basieren auf dieser Idee.
Schließlich entstanden begehbare Environments, bei denen der Eintretende mit dem verwirrenden Eindruck einer unendlichen Aufsplittung und Wiederholung des Raumes sowie seiner eigenen Person konfrontiert wurde. Die bekannteste Installation aus dieser Zeit ist sicherlich das für die documenta 4, 1968, geschaffene Spiegelenvironment von Christian Megert.
François Morellet
*1926 Cholet, Frankreich † 2016 Cholet, Frankreich
François Morellet ist in der Sammlung Lenz Schönberg seit Sommer 1970 vertreten, die Sammler pflegten mit dem Künstler und dessen Familie immer freundschaftlichen Kontakt. Die ersten Ankäufe erfolgten alle über die Galerie m, Bochum.
Morellet entwickelte für seine Kunst seit den frühen 1950er Jahren ein „minimalistisch-konstruktivistisches“ Konzept: sein Schaffen ist bestimmt von Reduktion und Kalkulation, er beschränkt sich auf Linie, Fläche und Farbe, arbeitet mit Überlagerungen und Aneinanderreihungen von Bildelementen.
Erste systematische Raster datieren ins Jahr 1958. Das Werk „5 trames 0°–90°, 15°–105°, 75°–165°, 30°–120° (5 Doppelraster)“ von 1960 erscheint als eine stark verdichtete, fast schwarze, netzartige Struktur, die aus einer fortlaufenden Überlagerung von Linien nach exakt kalkuliertem System gebildet wurde.
Das Raster des im selben Jahr entstandenen Werks „Tirets 0°–90° (Striche 0°–90°)“ setzt sich zusammen aus zunächst vertikal gesetzten Strichen gleicher Länge, über die anschließend eine adäquat erstellte Anordnung von horizontal gesetzten Strichen gelegt wurde. Das Ergebnis ist eine optisch flimmernde, komplex wirkende Struktur.
Morellet verwendete auch andere Materialien zur Bildung derartiger Strukturen, beispielsweise Drahtgitter, wie in „2 grillages superposés“ (1971), einem Geschenk des Künstlers an die Sammler, mit vorderseitiger Widmung in Blau „LENZ“.
Die Sammlung beherbergt des Weiteren ein kinetisches Auflagenobjekt von Morellet und eine große Wand-Licht-Installation mit Neonröhren.
Roman Opalka
* 1931 Frankreich † 2011 Rom, Italien
Opalka ist mit seinen Werken seit den 1980er Jahren in der Sammlung Lenz Schönberg vertreten. Die Sammlerfamilie pflegte mit ihm eine sehr enge und herzliche Freundschaft.
1965 fasste Opalka den Entschluss, sein Leben einem einzigen großen Werk zu widmen:
OPALKA 1965/1–∞
Zeile für Zeile, von links nach rechts und von oben nach unten fortschreitend, malte er die Zahlen 1 bis unendlich. Die Grundierung seiner stets das gleiche Format (196×135 cm) aufweisenden Leinwände hellte er von Détail zu Détail (so der Titel seiner einzelnen Bilder) um jeweils ein Prozent Weiß auf.
Zentrales Thema seiner „Détails“ war die Visualisierung von Lebenszeit: Immer blasser werden seine Werke von Leinwand zu Leinwand, der Hintergrund und das vom Künstler in mühsamer Kleinarbeit Geschaffene verschmelzen zur Einheit, die künstlerische Geste verfliegt im Unendlichen.
Sein Arbeiten war geprägt von einer mit äußerster Disziplin betriebenen Routine; am Ende eines jeden Arbeitstages fertigte er eine fotografische Selbstaufnahme in immer derselben, exakt kontrollierten Pose an, mit der er die zeitbedingten physischen Veränderungen festzuhalten versuchte.
Opalka hatte sich tatsächlich seinem Ideal von einem letzten Bild „in Weiß in Weiß“ maximal angenähert, das erreicht werden würde „in jenem Augenblick, der die Progression zum Stillstand bringt und einzig das Bild der Gegenwärtigkeit des Sichtbaren im Unsichtbaren bestehen läßt“.
Sein letztes Bild, an dem er bis kurz vor seinem Tod arbeitete, markiert den Endpunkt des Wettlaufs mit der Zeit, der eigenen Lebenszeit, mit der Unendlichkeit. Mit der Zahl 5 607 249 fand im August 2011 Opalkas Lebenswerk seine Vollendung.
Neben einer Vielzahl an Détails, Reisezeichnungen und Fotos aus unterschiedlichen Phasen konnten Anna und Gerhard Lenz zwei ganz besondere Werke in die Sammlung integrieren: die beiden letzten vom Künstler geschaffenen Détails, bei denen die auf die Leinwand gesetzten Zahlen im Nichts verschwinden und die scheinbar monochrome Leinwand zurückbleibt.
Otto Piene
*1928 Laasphe, Westfalen † 2014 Berlin
Das erste Bild von Otto Piene, ein Rauchbild, wurde bereits 1968 von Anna und Gerhard erworben. Im Januar 1970 kam über die Vermittlung der Frankfurter Galerie Ursula Lichter mit gelbgelbweißheißschnell ein Schlüsselwerk in die Sammlung, das aufs Engste mit der Entstehung der ZERO-Bewegung verknüpft ist.
Dieses farbkräftige Bild schuf Otto Piene 1958 gezielt für eine der ersten von ihm selbstorganisierten Ausstellungen, die heute als Gründungsveranstaltungen von ZERO gelten. Es handelt sich also um ein für ihn sehr wichtiges Werk, das zugleich den Beginn einer neuen Schaffensphase dokumentiert.
Das damals unter dem Ausstellungsmotto „Vibration“ präsentierte leuchtgelbe Rasterbild gelbgelbweißheißschnell fertigte Piene unter Verwendung einer Rasterschablone. In ihm setzt Piene ganz deutlich die Prinzipien um, die er in seinen für die ersten beiden ZERO-Magazine verfassten theoretischen Stellungnahmen erläuterte.
Zentrale Thematik seiner in dieser Phase entstehenden, tendenziell monochromen Bilder war die Umwandlung von Farbe zu Licht. Farbe war nicht als Pigment von Bedeutung, sondern als verbindendes Medium zum Betrachter, das in seiner entstofflichten Form erlebbar werden sollte: als immaterielle Erscheinung, als Licht-Frequenz.
Die Sammlung beherbergt ein weiteres goldenes frühes Rasterbild, Papierarbeiten sowie mehrere Feuerbilder von Otto Piene.
Karl Prantl
*1923 Pöttsching, Burgenland, Österreich † 2010 ebd.
Der im Österreichischen Burgenland geborene und arbeitende Künstler Karl Prantl ist seit 1984 mit zahlreichen Steinskulpturen in der Sammlung Lenz vertreten.
Prantl, der ursprünglich an der Akademie der Bildenden Künste als Maler ausgebildet worden war, widmete sich seit 1950 ausschließlich der Bildhauerei. Er hatte keinerlei Verbindungen zur ZERO-Bewegung.
Karl Prantl ging als Steinbildhauer äußerst behutsam und achtsam mit seinem Werkstoff um: Er schenkte der individuellen Beschaffenheit eines jeden Steins besondere Aufmerksamkeit und betrachtete es als seine Aufgabe, die jeweiligen Strukturen, Äderungen, Einschlüsse und farblichen Beschaffenheiten genau zu erkunden. Sie bestimmten letztlich sein Schaffen und Vorgehen.
Sein Arbeiten war geprägt vom geduldigen „Hineinhorchen“, Fühlen und Betasten. Seine Skulpturen charakterisieren sich durch Rillen, Adern, Höcker, Mulden, die den Betrachter einladen zum Befühlen. Prantl verstand es zudem, die farblichen Eigenschaften des Steins durch langes Schleifen und Polieren herauszuarbeiten.
Arnulf Rainer
*1929 Baden bei Wien, Österreich
Arnulf Rainer ist seit 1972 in der Sammlung Lenz vertreten, das erste Bild, „Übermalung, dunkelblau“ (1959/60), wurde direkt vom Künstler erworben. Es handelt sich um ein frühes Beispiel seiner monochromen Übermalungen.
Arnulf Rainer war zwar 1961−63 in einige ZERO-Aktionen eingebunden und seine monochromen Bilder fügen sich, rein optisch, gut in den ZERO-Kontext ein. Allerdings fand jener, anders als seine Kollegen, nicht über eine Entleerung des Bildes und eine radikale Reduktion der Gestaltungsmittel zur Monochromie, sondern über ein mit äußerst dynamischen, expressiven Gesten erfolgendes Übereinanderlagern von Farbschichten.
Der Begriff der Monochromie ist in diesem Zusammenhang irreführend, denn bei genauer Betrachtung wird ersichtlich, dass sich die Oberflächen durch eine Vielfarbigkeit auszeichnen. Dies wird vor allem am linken oberen Eck von „Übermalung, dunkelblau“ ersichtlich, wo der Künstler, wie bei den meisten Übermalungen dieser Zeit, die darunter liegende Malerei stehen ließ. Als Grundlage für vorliegendes Werk diente Rainer eine alte Landkarte, die er auf einen Keilrahmen spannte und weiß grundierte. Als letzte Schicht trug Rainer auf die tiefblaue Fläche eine Gitterstruktur in Schwarz auf. Arnulf Rainer datierte das Bild auf 1959/60 und gab an, es handelte sich hierbei um die Übermalung einer ursprünglichen Kruzifixation.
„Ich wollte anfangs eigentlich gar keine Übermalungen machen: ich wollte spezifische Themen malen. Aber dabei ist mir nur Schwarz, Schwarz, Schwarz eingefallen. Ich habe nichts anderes können. Ich habe vorher nicht geahnt, daß das so wird. Mehr als einmal habe ich versucht auszubrechen Aber es ist mir nicht gelungen. Ich habe vielmehr gesehen, daß die Qualität und die Wahrheit des Bildes nur wächst, wenn es sich mehr und mehr verdunkelt“ (Rainer 1984)
Konsequenterweise übermalt der Künstler nach eigenen Angaben selbst wiederholt alte Übermalungen, um sie „immer weiter zu einer völligen Verdunkelung“ zur „korrigieren“ und sie zu „vervollkommnen.“ (A. Rainer, 1970)
Weiterhin befinden sich von Arnulf Rainer in der Sammlung Lenz ein Proportionsstab von 1953/54, eine frühe gelbe Übermalung von 1958 und ein Kreuz aus den 1980er Jahren.
Erich Reusch
*1925 Lutherstadt Wittenberg † 2019
Der studierte Bildhauer und Architekt Erich Reusch ist kunsthistorisch im weiteren Umfeld von ZERO anzusiedeln, eine direkte Zusammenarbeit zwischen ihm und den Künstlern der Bewegung kam eigentlich niemals zustande. Er wurde vor allem durch seine urbanen Platzgestaltungen bekannt; viele seiner Werke sind nicht in den musealen Raum integrierbar.
Reusch ist seit 1970 mit drei Werken in der Sammlung vertreten, die anlässlich einer Einzelausstellung des Künstlers in der Galerie m, Bochum, erworben wurden. Es handelte sich hierbei um drei elektrostatische Objekte, einen Werktypus, den der Künstler seit 1968 schuf; eines dieser Werke ist zwischenzeitlich zerstört.
Bei diesen elektrostatischen Objekten handelt es sich um festverschlossene Plexiglasbehälter, die Reusch mit Gasrußstaub befüllte, der die gesamte Bodenfläche bedeckt.
Bereibt man die Kästen von außen mit einem Lappen, so wandert die Rußmaterie infolge der elektrostatischen Aufladung an den Innenwänden hoch, verteilt sich in unvorhersehbarer Weise, bildet diffuse Wolkenstrukturen, die scheinbar gänzlich dem Zufall unterliegen. Allerdings nahm Reusch hierauf unbemerkt Einfluss, indem er die Innenwände der Kästen zumeist präparierte, z.B. durch eine fein eingeritzte Rillenstruktur, um eine gleichmäßigere Verteilung des Rußes zu erreichen. Der Staub lagert sich als feiner Schleier ab, die Glasscheiben bleiben semitransparent.
Die Objekte sind entweder freistehend konzipiert, können also vom Betrachter allseitig berührt bzw. gesehen werden oder sind fest an der Wand installiert.
Der Ansatz von Erich Reusch, Raum als unbegrenztes Raumkontinuum erfahrbar, auch Energieströme unterschiedlichster Art und Klänge sicht- und spürbar machen zu wollen, lässt ihn inhaltlich in nächste Nähe zu ZERO rücken. Jürgen Harten nannte ihn einmal einen „Visionär der Sensibilität“.
Bridget Riley
*1931 in London
Bridget Riley bezeichnet sich selbst nicht als ZERO-Künstlerin, sondern als Vertreterin der Op Art, einer sich in den 1960er Jahren rasch weltweit ausbreiteten Tendenz, die mit der Irritation des Betrachterauges spielt. Die Werke der Op Art charakterisieren sich durch eine fortwährende virtuelle Beweglichkeit, erlebbar durch ein optisches Flimmern, Vibrieren oder räumliches Vor- und Zurückspringen von Ebenen.
Bridget Riley ist die einzige Künstlerin in der Sammlung; sie ist mit einer Arbeit vertreten, die 2008 auf der Art Basel erworben wurde: Orange, violet, green curves von 1968 (95,5 x 48,2 cm). Das Werk darf hier leider aus bildrechtlichen Gründen nicht wiedergegeben werden.
Bei dem Werk handelt es sich um eine Entwurfszeichnung auf Millimeterpapier, die deutlich macht, mit welcher Präzision die Künstlerin ihre optisch schwingenden und pulsierenden Bilder anlegt.
Jan J. Schoonhoven
*1912 Delft, NL † 1994 Delft, NL
Der 1914 geborene Niederländer Jan J. Schoonhoven wurde erst Mitte der 1950er Jahre als Künstler aktiv und vertrat als „halber Zeroist und ein halber Informeller“, wie er selbst sagte, unter den holländischen Nul-Kollegen am konsequentesten eine mit den Idealen von ZERO übereinstimmende Position. Er ist in der Sammlung seit 1969 repräsentiert; als erstes Werk erwarb Lenz über die Frankfurter Galerie Ursula Lichter das „Relief IX“ (1968).
Seine weißbemalten, wabenartigen Pappmaché-Werke gliedern sich über aneinandergereihte, gleichmäßig geformte Rechtecke oder Quadrate, die eine gleichmäßige Struktur ausbilden. Während seine Kollegen die feuchte Papiermasse zur Modellierung einzelner Partien einsetzten, schuf Schoonhoven hieraus ganze Objekte. Der Werkstoff hatte den Vorteil, leicht formbar zu sein und auf billigen, überall verfügbaren Materialien zu beruhen. Der ohnehin schon anonyme und neutrale Charakter der mit einfachen Mitteln aufgebauten Reliefs verstärkte sich durch die einheitliche Weißfärbung. Weiß verkörperte für Schoonhoven das „Maximum“, allein deshalb, weil es, wie keine andere Farbe, Licht und Schatten zur Geltung brachte.
Sein „Relief IX“ baut sich aus fünf horizontalen Reihen gleicher Höhe auf, die sich wiederum über eine gleichmäßige Abfolge lamellenartiger Einzelelemente gliedern. Der Künstler ging hier nach genauem Schema vor: jeweils vier Lamellen weisen in die eine, die vier anschließenden in die entgegengesetzte Richtung. Den Wechsel der Elemente ordnete er von Reihe zu Reihe versetzt an. Bei Betrachtung des Reliefs von oben bzw. im Querschnitt und auch bei seinem Schattenwurf tritt eine Zick-Zack-Struktur hervor. Durch die unterschiedliche Neigung der Elemente entstehen starke Hell-Dunkel-Gegensätze.
Wenig später kam mit dem „Relief R 70-12“, angekauft über die Galerie m, Bochum, ein weiteres quadratisches Relief hinzu. Die Arbeiten sind in ihrer Ausrichtung nicht festgelegt, sie können beliebig gedreht werden, wodurch sich jeweils andere Licht-Schatten-Effekte ergeben.
Weiterhin befinden sich in der Sammlung zwei zeitgleich entstandene, feinlinige, zarte Tuschezeichnungen Schoonhovens.
Turi Simeti
*1929 Alcamo, Sizilien, Italien † 2021 Mailand, Italien
Turi Simeti ist in der Sammlung Lenz seit 1970 mit zwei Werken vertreten, die Ankäufe erfolgten über die Frankfurter Galerie Ursula Lichter. Simeti zählt zu den wichtigsten Vertretern der ZERO-Bewegung in Italien.
Am Anfang seiner künstlerischen Laufbahn standen einfache Reliefs, die sich zusammensetzten aus in regelmäßigen Abständen auf Leinwand montierten Ovalen, die der Künstler aus Wellpappe ausgeschnitten hatte. Dies waren frühe Experimente Simetis in Bezug auf Material-, Licht- und Raumwirkung. Ursprünglich befand sich ein solches, 1962 entstandenes Weißes Strukturbild in der Sammlung, es wurde allerdings 2010 in London verauktioniert.
Aus diesem Werktypus entwickelte Simeti weitere Varianten, in denen sich aus Holz gebildete Ovale bzw. Ellipsen von hinten durch die Leinwand hindurchdrückten. Simeti entwickelte hierfür ein aufwendiges Verfahren, die monochrom grundierten Leinwände über diese Formen zu spannen.
Schließlich reduzierte der Künstler zu Beginn der 1970er Jahre diese bildnerischen Formen teilweise auf Linien oder Punkte. In der Sammlung Lenz befinden sich ein schwarzes und ein weißes Werk, beide 1970 entstanden, in deren Zentrum sich eine gebogene Linie abzeichnet.
Anhand dieser beiden Werke wird deutlich, welch großen Einfluss die Farbigkeit und die hiermit zusammenhängende Reaktion auf das Licht auf die jeweilige räumliche Wirkung haben.
Eduard Steinberg
*1937 Moskau, UdSSR † 2012 Paris, Frankreich
Eduard Steinberg ist seit 1989 in der Sammlung Lenz vertreten, er stand allerdings niemals im Austausch mit der ZERO-Bewegung.
Sein Schaffen lässt deutliche Bezüge zum Konstruktivismus und Suprematismus erkennen. Dies wird vor allem in seinen ab 1980 entstehenden Collagen deutlich, von denen die Sammlung Lenz Schönberg vier Stück beherbergt. Darüber hinaus ist er mit zwei frühen Landschaftsgemälden von 1965 repräsentiert.
Paul Talman
*1932 Zürich, CH † 1987 Ueberstorf, CH
Die Sammlung Lenz beherbergt nur ein einziges Werk des Schweizer Malers, Plastikers und Designers Paul Talman. Es handelt sich um eines seiner Kugelbilder, mit denen der Künstler seit den frühen sechziger Jahren international bekannt wurde.
Das aus Kunststoff gefertigte Objekt ist beidseitig gestaltet; zwischen zwei aneinander montierten quadratischen Platten – eine weiß, die andere schwarz – schloss Talman Kugeln ein, die ebenfalls halb schwarz, halb weiß gefärbt sind. Die Kugeln sind so gelagert, dass sie gedreht werden können: das Werk fordert zur Beteiligung und zum aktiven Verändern, zum Spielen, auf. Durch ein Darüberstreifen mit der Hand können sehr unterschiedliche Konstellationen hervorgerufen werden.
Damit griff auch Talman das zeittypische Ideal einer stärkeren Einbindung des rezipierenden und sich zugleich kreativ einbringenden Betrachters auf. Das Kugelbild der Sammlung Lenz entstand 1970. Gegenüber den frühen Ausführungen, bei denen Talman noch per Hand eingefärbte Ping-Pong-Bälle verwendete, kamen hier bereits industriell hergestellte, größere Kugeln zum Einsatz.
Elisabeth Grossmann beschrieb diesen Werktypus sehr treffend:
„In einer scheinbar spielerischen Sprache fassen die Kugelbilder komplexe Gedankengänge zusammen: die Wechselbeziehungen zwischen feststehendem Raster und freier Variation, zwischen ästhetischem Programm und zweckfreiem Spiel, zwischen Teil und Ganzheit. Und sie nehmen, indem sie den Betrachter gezielt in den Prozess miteinbeziehen, ein spezifisches Kriterium ihrer Epoche auf: die aktive Mitwirkung, wie sie Umberto Eco in seinem wegweisenden Essay „Das offene Kunstwerk“ formuliert.“ (E. Grossmann im Katalog Paul Talman. The Garden-Party, Haus für konstruktive und konkrete Kunst, Zürich, 1997, S. 17)
Antoni Tàpies
*1923 Barcelona, Spanien † 2012 ebd.
Jean Tinguely
*1925 Freiburg im Üechtland, CH † 1991 Bern, CH
Im Januar 1960 überquert der Schweizer Kinetik-Künstler Jean Tinguely den Atlantik an Bord der Queen Elizabeth, um seine erste Einzelausstellung auf dem amerikanischen Kontinent zu bestreiten. Tinguely war kurz zuvor in Paris dem New Yorker Galeristen George Staempfli – einem ausgewanderten Schweizer – begegnet und dieser hatte ihm die Zusage für eine Ausstellung in seiner Staempfli Gallery gegeben. Mit im Gepäck hatte Tinguely sein 1958 entstandenes No.10 Fixation Ovale, eine Arbeit aus der 1958 verwirklichten Serie „Relief Oeuf d’Onocrotale“, übersetzt „Relief Ei des Pelikans“.
Eben jenes Relief gelangte im Januar 1971 über die Züricher Galerie Bischofberger in die Sammlung Lenz Schönberg: Hier sind auf schwarzen Grund im unteren rechten Bildfeld sieben weiße, unterschiedlich geformte Blechteile platziert, montiert auf Stahlachsen, die in Verbindung stehen mit dem rückseitig angebrachten Elektromotor. Wird der Motor in Gang gesetzt, so rotieren die sieben Elemente in unterschiedlichem Tempo, teils in, teils gegen den Uhrzeigersinn.
Des weiteren erwarben die Sammler ein kinetisches Objekt „Constante No. 12“ (1960) aus der Serie „Constante indéterminée“ und zwei Zeichnungen, hierunter eine mittels einer Zeichenmaschine „Méta-Matic“ gefertigte.
Günther Uecker
*1930 Wendorf, Mecklenburg-Vorpommern
Günther Uecker ist seit den späten 1960er Jahren in der Sammlung vertreten und seit fast fünf Jahrzehnten enger Freund der Familie Lenz. Er gehört mit rund 100 Werken zu den am stärksten in der Sammlung repräsentierten Künstlern.
„….was mich (…) beschäftigte, war, eine Integration von Licht zu erreichen, welche diese Weißstrukturen durch Lichtwechsel zu einer Schwingung brachte und als ein freier, artikulierter Lichtraum verstanden werden konnte. Ich habe mich für eine weiße Zone entschieden als äußerste Farbigkeit, als Höhepunkt des Lichtes, als Triumph über das Dunkel.“
In seiner Kreisformation von 1959, dem zugleich frühesten Werk des Künstlers in der Sammlung Lenz, kommen die von Günther Uecker beschriebenen Prinzipien anschaulich zum Tragen. Das Werk evoziert allein durch die Kreisform und die wechselnden Licht-Schatten-Effekte Bewegungseindrücke. Es kann somit als Vorbote der ab den frühen 1960er Jahren entstehenden Lichtscheiben Ueckers gelten, nämlich flach oder leicht gekippt auf dem Boden liegenden runden Nagelreliefs, die motorisch in Rotation versetzt und zumeist szenisch beleuchtet wurden, so dass sie sich in der Dunkelheit in reine Lichtererscheinungen verwandelnden. Diese präsentierte der Künstler 1962 tatsächlich gemeinsam mit der in der Sammlung Lenz befindlichen Kreisformation auf der für die ZERO-Geschichte legendären Nul-Ausstellung im Stedelijk Museum in Amsterdam, an der sich 24 Künstler aus ganz Europa beteiligten.
Als Uecker seine Kreisformation schuf, stand er noch ganz am Anfang seiner Erprobungen mit Nägeln als Werkstoff.
Anfangs nutzte er sie als Hilfsmittel zur Strukturierung, indem er „Nagelbürsten“ herstellte, mit denen er die Farbe seiner Bilder durchzog. Ab 1957 verwendete er Nägel erstmals als eigenständiges Strukturmittel, da sie sich durch ihre weit in den Raum ragende, schlanke Form in idealer Weise dafür eigneten, das Licht gut zur Geltung zu bringen, es auf vielfältige Weise zu artikulieren und so die Werkoberfläche in einen „Schwingungsbereich“ zu verwandeln. Der Einsatz von Nägeln ermöglichte es Uecker, ohne direkte Berührung des Bildfeldes dreidimensionale Strukturen zu erzeugen. In der Folge entstanden Nagelfelder, Übernagelungen von Gegenständen, Lichtmühlen, Nagelprägedrucke und vieles mehr.
Darüber hinaus erschloss Uecker in den letzten Jahrzehnten immer wieder neue Materialien und Techniken und bezog mit seinen Arbeiten Stellung zu aktuellen Themen. Vor allem der Topos „Gefährdung des Menschen durch den Menschen“ und die damit verbundenen Empfindungen: Verwundung, Schmerz, Trauer ziehen sich bis heute durch sein Werk, Uecker möchte zum Dialog aufrufen.
Die Sammler Anna und Gerhard Lenz erwarben nicht nur Werke aus der aktiven ZERO-Zeit, sondern begleiteten das Schaffen des Künstlers kontinuierlich mit großem Interesse und Freude. Folglich wird in der Sammlung die volle schöpferische Bandbreite Ueckers erfahrbar: Übernagelungen, Kreisformationen, Aschebilder, Tücher, Zeichnungen, Prägedrucke und Buchobjekte.
Victor Vasarely
*1906, Pécs, Ungarn † 1997, Paris, Frankreich
Der Ungar Victor Vasarely ist in der Sammlung Lenz Schönberg seit 1972 repräsentiert.
Vasarely war nie aktiv an der ZERO-Bewegung beteiligt, sondern gilt als einer der Begründer und Hauptvertreter der Op Art. Diese seit Mitte der 1960er Jahre verbreitete Kunstrichtung spielt mit der Verunsicherung der Wahrnehmung des Betrachters, was sich in verschiedenen visuellen Effekten, wie Bewegungsillusionen, Überstrahlungen, Nachbildern u.v.m., äußert.
Die in der Sammlung Lenz vorhandenen Arbeiten Vasarelys sind sehr frühe, und daher, gegenüber den weit verbreiteten späteren „Multiples“, eher untypische Werke. Bereits seit Beginn der 1950er Jahre hatte Vasarely für die Kunst die drei Eigenschaften Nachschaffbarkeit oder Wiederholbarkeit (recréation), serielle Fortsetzung oder Vervielfachung (multiplication) und Ausdehnung oder Ausbreitung (expansion) gefordert.
Die zwischen 1954 und 1959 entstandenen, ganz in Schwarz-Weiß gehaltenen Werke der Sammlung Lenz dokumentieren die damalige Auseinandersetzung Vasarelys mit der Idee einer optisch erzeugten Bewegung und Verräumlichung der Flächen.
Die Zeichnung „Eridan II” von 1955, Entwurf für ein später zweifach umgesetztes großes Bild, enthält dynamische Elemente, nämlich “kippende Quadrate”, die die Struktur in Bewegung setzen. Die sich überschneidenden Elemente im oberen Bereich lassen den Eindruck mehrerer überlagerter Ebenen entstehen, das Bild wirkt verräumlicht, was durch den Hell-Dunkel-Kontrast verstärkt wird.
Das Werk „Fond pyramidale“ lässt bereits sehr deutlich die Vorgehensweise des Künstlers erkennen, unterschiedliche Konstellationen mit Hilfe von Schablonen durchzuspielen und sie schließlich auf eine Holzplatte aufzukleben. Wenig später konstruierte Vasarely seine Arbeiten ausschließlich aus Schablonen-Elementen, sogenannten „plastischen Einheiten“ (unités plastiques), die, so der Künstler, „wie Druck-Lettern in Sortierkästen untergebracht“ sind.
In dem sehr früh entstandene kleinformatigen Werk Utica II (1954−59), zeichnete Vasarely die aneinandergesetzten, teilweise sich überlagernden geometrischen Flächenformen noch mit Ölfarbe auf Karton; die Bildelemente treten optisch in den Raum.
Jef Verheyen
*1932 Itegem, Belgien † 1984 Apt, Vaucluse, Frankreich
Bei dem 1966 aus der Collection von Ursula und Alfred Lichter erworbenen Bild Zonnebogen 1/4 handelt es sich zugleich um das erste Bild der Sammlung Lenz Schönberg. Gerhard Lenz erwarb in kurzer Zeit eine Vielzahl an Werken von Jef Verheyen; die Sammlung beherbergt heute 47 Arbeiten.
Als Zentrum seiner Sammlung bezeichnete Lenz immer Verheyens Werk Groot violet – violet lens von 1968.
Ab den frühen 1970er Jahren entwickelte sich zwischen der Sammler-Familie und dem bereits 1984 verstorbenen Künstler und dessen Familie eine sehr enge Freundschaft.
An der Person Jef Verheyens wird die Verbundenheit und Wertschätzung der Künstler untereinander deutlich: so gibt es in der Sammlung ein dem früh verstorbenen Künstlerfreund Yves Klein gewidmetes Bild von Verheyen Ohne Titel (Hommage an Yves Klein. II), aber auch ein Werk, das Günther Uecker zu Ehren des ihm eng verbundenen Künstlerkollegen schuf: Himmelsbogen, Hommage à Jef Verheyen (1986)
herman de vries
*1931, Alkmaar, NL
Der niederländische, seit 1970 im unterfränkischen Knetzgau/Steigerwald lebende Künstler herman de vries ist seit 1970 in der Sammlung Lenz vertreten. Das erste, über die Galerie m, Bochum, erworbene Werk des Künstlers war ein Objekt aus der Serie der „Random objectivations“ von 1963.
Der seit Anfang der 1950er Jahre als Künstler tätige de vries schuf, ausgehend von informellen Materialbildern, von denen einige in der Sammlung Lenz vorhanden sind, bald monochrom weiße Bilder und Collagen. In dieser Zeit entstanden auch Reliefs mit seriell angeordneten Bildelementen, beispielsweise das Kleine Reliefbild (Ohne Titel) von 1960. de vries gehörte seit Anfang der 1960 Jahre zur niederländischen Gruppe nul, die der ZERO-Bewegung sehr nahe stand und mit dieser kooperierte.
Ab 1962 wurde für de vries der Zufall bestimmender Faktor seines Schaffens: seine Werke, die er fortan als random objectivations betitelt, entstehen auf Grundlage von Zufallstabellen. Die Sammlung Lenz verfügt über zwei frühe Objekte aus dieser Phase. Das oben genannte, erste Bild war zudem, wie der Künstler rückseitig vermerkte, mit den Maßen 108 x 108 cm, das „grösste zufallsbild aus dieser periode“, und war vor dem Erwerb durch Anna und Gerhard bereits in mehreren Ausstellungen gezeigt worden.
Ab 1975 konzentrierte sich der gelernte Botaniker herman de vries in seinem Schaffen auf Naturmaterialien; die Sammlung beherbergt mehrere Werke mit Blättern von Bäumen.
Sein Atelier ist, so der Künstler, der Steigerwald, seit 1970 lebt er im unterfränkischen Knetzgau.
Ab den späten 1970er Jahren entstanden Erdabreibungen, wie die in der Sammlung vorhandenen Werke vulcanic earth I / II von 1995 oder from earth – gomera (Ex. 2/10) von 1987, eines seiner zahlreichen Künstlerbücher.
Die Sammler stehen mit herman de vries und seiner Frau Susanne seit vielen Jahrzehnten in freundschaftlichem Kontakt.