ZERO

 

ZERO Rakete/ ZERO rocket, 1961Entwurf: Heinz Mack, Abbildung aus ZERO Vol. 3, 1961

ZERO Rakete/ ZERO rocket, 1961
Entwurf: Heinz Mack, Abbildung aus ZERO Vol. 3, 1961
© Bildrecht, Wien 2024

Eine Rakete, die in den unbekannten Weltraum abhebt – dieses Bild wählten einige junge Düsseldorfer Künstler Ende der 1950er Jahre als ihr Signet. Ihr Ziel: „den Aufbruch in eine neue Welt künstlerisch zu bejahen, als Ausdruck von Licht, Dynamik, Energie und Zukunft.“ Kunst sollte verbindendes Element werden zwischen Kosmos und Erde, Gegenwart und Zukunft, Natur und Technik, Endlichkeit und Unendlichkeit, zwischen Materie und Immateriellem.

ZERO war keine Künstlergruppierung mit gemeinsamen Manifesten, sondern ein loser Zusammenschluss von Gleichgesinnten, verbunden durch den unbändigen Drang nach künstlerischer und gesellschaftlicher Veränderung.

Die Anfänge von ZERO

Seinen Ausgang nahm ZERO in Düsseldorf: Heinz Mack und Otto Piene, beide Absolventen der Kunstakademie, nutzten aus Mangel an Ausstellungsmöglichkeiten ihre Ateliers ab April 1957 regelmäßig für einen Abend als Galerie und luden befreundete Künstler ein, mit ihnen gemeinsam ihre Werke zu zeigen.

Unabhängig voneinander fanden die Künstler zu formal übereinstimmenden Konzepten: Es entstanden tendenziell einfarbige, stark reduzierte Arbeiten, aus denen die künstlerische Handschrift verschwunden war. Feinlinige, dichte Texturen, serielle Raster und dynamische Strukturen versetzten ihre Bildflächen optisch in Vibration und Schwingung.

Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker bei der Gründungsveranstaltung der ZERO foundation, Düsseldorf, 2008; Foto: Anna Lenz

Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker bei der Gründungsveranstaltung der ZERO foundation, Düsseldorf, 2008; Foto: Anna Lenz

Die ausstellenden Künstler kamen nicht nur aus dem Düsseldorfer Raum, bald gesellten sich Kollegen aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland hinzu: Belgier, Niederländer, Franzosen, Schweizer und Italiener. Durch den intensiven Austausch untereinander wurden in der Folge Ausstellung nicht mehr nur im privaten Rahmen, sondern in den vielen neu-begründeten Avantgarde-Galerien im In- und Ausland organisiert – über 40 Künstler zählten Anfang der 1960er Jahre zur ZERO-Bewegung. Otto Piene umschrieb die Verbindung der Künstler rückblickend als „ein so wirksames wie reaktionsschnelles Netzwerk von Künstlern und Standorten“.

Kunst als gesellschaftliches Phänomen

Die Künstler strebten nicht nur eine grundlegende Erneuerung der Kunst an, sie wollten auch gesellschaftliche Prozesse in Gang setzen. Ihre Kunstwerke waren offen und interaktiv angelegt, so dass der Betrachter an ihnen teilhaben und verändernd eingreifen konnte. Die Begegnung mit der ZERO-Kunst, so eine der zentralen Ideen, würde zu einer dauerhaften intensiveren Wahrnehmung der Umwelt führen, eine „Sensibilisierung“ des Betrachters auslösen. Arbeiteten die meisten der ZERO-Künstler anfangs ausschließlich als Maler, so durchliefen sie in der Folge mehrheitlich eine Entwicklung zu stärker verräumlichten Konzepten, zu freistehenden Objekten bzw. zu ganzen Rauminstallationen. Die Grenzen zwischen Kunstwerk und Umgebung wurden fließend, der Raum wurde in die Arbeiten einbezogen, indem sich die Oberflächen der Werke öffneten bzw. die Werke sich tendenziell entstofflichten. Gleichzeitig führte der Weg von der anfänglichen virtuellen Bewegung, die nur im Auge des Betrachters lag, hin zur realen Bewegung, und von einer indirekten Lichtwirkung zum direkten Einsatz des (Kunst-)Lichtes.

Viele Arbeiten ließen sich per Hand oder mittels eines Motors in Bewegung versetzen, wechselnde Lichteinwirkungen erhöhten zusätzlich die Variabilität der Erscheinungsweise eines Werks.

Auf der Suche nach neuen Materialien für die Kunst

Die Arbeiten wuchsen teilweise zu begehbaren Räumen an und ließen den Betrachter eintauchen in ein allumfassendes Kunsterlebnis. Die künstlerischen Experimente zielten darauf ab, Raum, Zeit, Licht, Stille, Bewegung und Energie zum eigentlichen Material der Kunst werden zu lassen und Flüchtiges und Augenblickliches für den Betrachter fühlbar zu machen.

Wenn die ZERO-Künstler von „Raum“ sprachen, handelte es sich in ihren Köpfen nicht nur um das unmittelbare Umfeld, in dem das Kunstwerk stand, sondern sie dachten an den kosmischen, unendlichen Raum. Sie versuchten, die bestimmte Wirkung ihrer Arbeiten über einen gezielten Einsatz naturgegebener und industriell erzeugter Stoffe zu erreichen. Zeitlich parallel lieferten sich die USA und die Sowjetunion einen Wettkampf, welche Nation es zuerst schaffen würde, zum Mond zu fliegen. Die Raumfahrt war in dieser Zeit in aller Munde. Speziell hierfür geschaffene Materialien, die für den gewagten Vorstoß ins Unbekannte standen, und neue Technologien übten eine besondere Anziehung auf die Künstler aus. Unter diesem Aspekt wurde gerade Aluminium besonders beliebt, das zudem die Vorteile des geringen Gewichts und einer relativ unkomplizierten Verarbeitung mit sich brachte und sich als idealer „Licht-Fänger“ erwies.

1966, nach unzähligen gemeinsamen Ausstellungen im In- und Ausland und drei gemeinsam edierten Magazinen ZERO 1-3, löste sich die ZERO-Bewegung aufgrund von Interessenkonflikten auf. Die Künstler gingen wieder getrennte Wege.

Cover ZERO Magazin 1 | 1958

Cover ZERO Magazin 1 | 1958

Cover ZERO Magazin 2

Cover ZERO Magazin 2 | 1958

Cover ZERO Magazin 3

Cover ZERO Magazin 3 | 1961

Einladungskarte zur 7. Abendausstellung, Düsseldorf, 24. April 1958

Einladungskarte zur 7. Abendausstellung, Düsseldorf, 24. April 1958

Einladungskarte zur 8. Abendausstellung, Düsseldorf, 2. Oktober 1958

Einladungskarte zur 8. Abendausstellung, Düsseldorf, 2. Oktober 1958

Einladungskarte zur Aktion anlässlich der Präsentation des ZERO Magazins 3, Galerie SChmela, Düsseldorf

Einladungskarte zur Aktion anlässlich der Präsentation des ZERO Magazins 3, Galerie Schmela, Düsseldorf 1961